Klartext reden

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In der betrieblichen Altersversorgung wird Potential verschenkt, weil Arbeitgeber und Berater das Thema nicht richtig vermitteln.

Die Bilanz nach fast acht Jahren Entgeltumwandlung in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) ist ernüchternd. Gerade einmal zehn Prozent der Beschäftigten nutzen die attraktive Möglichkeit, über den Arbeitgeber steuer- und abgabenfrei für das Alter vorzusorgen. Viele Unternehmen hatten lange darauf gesetzt, dass die Entgeltumwandlung allein durch die attraktiven steuerlichen Rahmenbedingungen zum Selbstläufer wird. Jetzt erkennt man dort, dass es auch bei der Altersvorsorge im betrieblichen Kollektiv auf die individuelle Beratung und Betreuung jedes einzelnen Mitarbeiters ankommt. Dies gilt erst recht in diesen schwierigen Zeiten. Viele Arbeitnehmer fragen sich, ob sie angesichts unsicherer Jobperspektiven und turbulenter Finanzmärkte überhaupt noch Geld in ihre betriebliche Altersvorsorge investieren sollte. Hier müssen die Arbeitgeber noch einige Überzeugungsarbeit leisten, denn die betriebliche Altersversorgung lohnt sich für jeden – egal ob er in einem Großunternehmen beschäftigt ist oder bei einem kleinen Betrieb.

Uwe Saßmannshausen - Geschäftsführender Gesellschafter - PS-Pension Solutions GmbH

Uwe Saßmannshausen – Geschäftsführender Gesellschafter – PS-Pension Solutions GmbH

Leider wissen längst noch nicht alle Arbeitnehmer, dass sie einen gesetzlichen Anspruch auf eine Betriebsrente haben, sofern diese per Entgeltumwandlung finanziert wird. In der Regel bietet die Rente über den Arbeitgeber zudem finanzielle Vorteile gegenüber der privaten Vorsorge. So sind die steuerlichen Förderungen meistens besser und die Versicherungskosten im kollektiven Rahmenvertrag geringer als bei einem privaten Einzelvertrag. Das erhöht wiederum die Rentenleistungen im Alter. Schließlich ist keine Kapitalanlage auch nur annähernd so gut abgesichert wie die Betriebsrente. Die verschiedenen Sicherungsmechanismen und die überwiegen konservative Anlage der Vorsorgegelder bei Versicherungsgesellschaften sorgen zudem dafür, dass die Arbeitnehmer auch in Zeiten der Kapitalmarkkrise mit Ihrer Betriebsrente rechnen können. Dies alles sind starke Argumente für die betriebliche Altersvorsorge. Doch damit sie auch gehört und verstanden werden, muss der Kommunikationsprozess im Unternehmen richtig funktionieren.

Erfolgreiche Kommunikation lebt davon, dass der Empfänger die Botschaft versteht. Auf einem Spezialistengebiet wie der betrieblichen Altersversorgung ist dies keineswegs selbstverständlich. Sachlich und fachlich sind die betrieblichen Versorgungspläne in den Unternehmen meistens bis ins Detail korrekt ausgearbeitet. Doch bei der Umsetzung hapert es, denn kein normaler Arbeitnehmer kann verstehen, was dort geschrieben steht. Die Sprache, in der die Unternehmen ihr Anliegen vermitteln wollen, muss einfach und für jedermann verständlich sein. Paragraphen und Ordnungsdeutsch gilt es zu vermeiden. Ein weiterer Fehler wird of bei der unternehmensinternen Kommunikation gemacht. Viele Arbeitgeber verlassen sich hier auf antiquierte Methoden. Sie präsentieren das Thema in einem 45-minütigen Vortrag am Ende einer langen Betriebsversammlung oder hängen einer Meldung ans Schwarze Brett. Solche Maßnahmen finden ihren Adressaten nicht, sie zielen an den Bedürfnissen der Zielgruppe vorbei.

Die moderne Kommunikationsdienstleistung hat längst viel präzisere Instrumente zur Hand. Hier nutzt man grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse der Typologie und Psychologie um Bedürfnisse und Entscheidungsverhalten festzustellen. Diese Erkenntnisse werden mit großem Erfolg in der Kommunikation betrieblicher Vorsorgemodelle umgesetzt. Jeder Mensch ist mehr oder weniger bewusst von bestimmten Wertvorstellungen geleitet. Diese haben dominanten Einfluss auch auf seine Geldanlage- oder Vorsorgeentscheidungen. So befriedigt der eine mit dem Abschluss einer Betriebsrente ausschließlich sein persönliches Bedürfnis nach Sicherheit. Andere entscheiden sich dafür, weil die Kollegen es auch so machen, während ein Dritter damit seine Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücken will.

Die Motivation eines Arbeitnehmers, sich für oder gegen die Teilnahme an einer betrieblichen Altersvorsorge zu entscheiden ist also von Fall zu Fall höchst unterschiedlich. Darauf muss sich die Beratung einstellen. Erst wenn man erkennt, welche Bedürfnisse beim einzelnen Mitarbeiter im Vordergrund stehen, ist eine gezielte Ansprache möglich, die den Raum öffnet für entsprechende Empfehlungen.

Häufig machen Arbeitgeber auch einfach den Fehler, dass sie ihren Mitarbeiter zu viele Alternativen zur betrieblichen Vorsorge anbieten. Je größer das Angebot, desto schwieriger ist es, eine Wahl zu treffen – die Entscheidungsbereitschaft sinkt. Umgekehrt gilt: Je geringer die Komplexität der Entscheidung, desto höher die Zustimmung. Die praktische Erkenntnis lautet deshalb: Die betriebliche Altersvorsorge geht jeden Arbeitnehmer an. Das Thema muss nur einfach und überschaubar und in einer leicht verständlichen Sprache erklärt werden. So gewinnt man als Arbeitgeber mit großer Sicherheit eine Vielzahl von Mitarbeitern für die betriebliche Vorsorgelösung im Unternehmen.

Erschienen in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Beilage vom 04.11.2009