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Hat die Branche nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes zur Zillmerung in der betrieblichen Altersversorgung Rechtssicherheit, und hat die Zillmerung eine Zukunft?

Pro Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem Grundsatzurteil eine kluge, weitsichtige Entscheidung getroffen. Die Diskussionen der vergangenen Jahre, in denen es um die Wirksamkeit der Entgeltumwandlungsvereinbarung bei gezillmerten Versicherungstarifen und um mögliche Verstöße des Arbeitgebers gegen dessen Aufklärungspflichten ging, sind damit beendet.

Den Einwand, dass gezillmerte Versicherungstarife gegen das Gebot der Wertgleichheit von umgewandeltem Lohn und Anwartschaft auf die Versorgungsleistung verstoßen könnten, hat das BAG dahingehend berücksichtigt, dass es eine Verteilung der Vertragskosten auf fünf Jahre für angemessen hält. Die Bestimmungen aus der VVG-Reform 2008 sind nunmehr der Business Case für den Berater.

Uwe Saßmannshausen - Geschäftsführender Gesellschafter - PS-Pension Solutions GmbH

Uwe Saßmannshausen – Geschäftsführender Gesellschafter – PS-Pension Solutions GmbH

Und für den Arbeitgeber, der seinem Mitarbeiter eine Betriebsrente aus Entgeltumwandlung anbietet, herrscht nun endlich ein hohes Maß an Rechtssicherheit für die Zusagen ab diesem Zeitpunkt. Auch für Altzusagen ist eine Rückabwicklung des umgewandelten Arbeitsentgelt-Anspruchs künftig ausgeschlossen. Mit dieser Lesart hat das Gericht praktisch festgestellt, dass die Alterssicherung der Arbeitnehmer in vergleichbaren Auseinandersetzungen Vorrang haben soll. Ein weitsichtiges Urteil, das dem Charakter der Betriebsrente, die auf eine langfristig kalkulierbare Versorgung angelegt ist, vollauf gerecht wird. Es zeigt zudem, welchem Irrglauben viele Verbraucherschützer im Streit um die Zillmerung in den vergangenen Jahren erlegen sind. Wohl kaum jemand wäre auf die Idee gekommen, einen M/N-tel Anspruch aus einer Direktzusage, egal von wem finanziert, dem Arbeitnehmer im Moment seines Ausscheidens in bar auszuzahlen. Der Anspruch dient der Altersvorsorge und wird entsprechend der Zusage in aller Regel mit Eintritt in den Ruhestand fällig – und das ist auch gut so. Jetzt zeigt sich, dass die bisherigen Diskussionen und die widersprüchlichen vorläufigen Urteile zur Zillmerung eher hinderlich waren. Sie haben für Irritationen und Unsicherheit bei allen Beteiligten gesorgt.

Das Ergebnis ist entsprechend: In den vergangenen beinahe zehn Jahren ist es Beratern und Produktgebern nicht gelungen, die Versorgungsberechtigten im gewünschten Maße für die Entgeltumwandlung zu gewinnen. Umso erfreulicher ist es auch aus gesellschaftspolitischer Sicht, dass das Grundsatzurteil nun die erforderliche Beratung besichert und damit hoffentlich zu einer stärkeren Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung in Deutschland beiträgt. Der Autor ist Geschäftsführer der PS-Pension Solutions GmbH in Erlangen.

Contra Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem jüngsten Urteil vom 15. September 2009 zwar die Revision gegen das Urteil des LAG Köln zurückgewiesen, gleichzeitig voll gezillmerten Verträgen in der Entgeltumwandlung durch den Verweis auf eine unangemessene Benachteiligung eine Absage erteilt. Das BAG hat bestätigt, dass Arbeitnehmer insbesondere bei gekündigten und beitragsfrei gestellten Verträgen eine Aufstockung der Versorgungsleistungen verlangen können. Damit steht die Haftung von Arbeitgebern und Vermittlern für Verträge, wie sie bis zum Inkrafttreten des neuen Versicherungsvertragsgesetzes 2008 die Regel waren, fest! Für Arbeitgeber besteht dabei dringender Handlungsbedarf, denn die Ansprüche der Mitarbeiter aus betrieblicher Altersversorgung verjähren erst nach 30 Jahren, die Haftung der Vermittler jedoch bereits nach maximal zehn Jahren; im Einzelfall deutlich früher.

Vermittler, die wegen solcher Altverträge verklagt werden, könnten wiederum ihre Vertriebs- und Schulungsleiter in Regress nehmen. Anspruchsgrundlage ist die vorsätzlich sittenwidrige Schädigung nach Paragraf 826 BGB, beruhend etwa auf dem unrichtigen Konstatieren einer angeblichen Rechtsklarheit, der Darstellung der Zillmerung als Verbraucherschutz und der offensichtlich rechtsirrigen Verneinung der Haftung von Arbeitgebern und Vermittlern – Haftungspotenzial im Milliardenbereich.

Die Träger der bAV, vor allem die Versicherer, dürfen sich auf weitere BAG-Urteile einrichten, denn das Verfassungsgericht hat am 15. Februar 2006 (Aktenzeichen 1 BvR 1317/96) entschieden, dass auch bei vorzeitiger Versicherungsvertragsbeendigung ein Anspruch auf Teilhabe an den durch die Prämienzahlung geschaffenen Vermögenswerten besteht. Das BAG hatte noch keine Gelegenheit, sich zur Bedeutung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und zu weiteren verfassungsrechtlichen Fragen zu äußern, wird diese aber noch erhalten.

Verursacht hat dies der Gesetzgeber, der es seit 2002 nicht fertiggebracht hat, die Wertgleichheit näher zu definieren. Die VVG-Reform änderte das einschlägige Betriebsrentengesetz nicht. Auch die Lobbyarbeit der Versicherer scheint erbärmlich, wäre es doch sicher möglich gewesen, den Gesetzgeber um Klarstellung zu bitten, anstatt die Vermittler massenweise samt Arbeitgebern in die Haftung laufen zu lassen. Rechtsbeistand des Arbeitnehmers in dem jüngsten Verfahren vor dem BAG war nicht unsere Kanzlei, doch arbeiten wir an ähnlichen Verfahren.

Der Autor ist Inhaber der Kanzlei Fiala in München und hat das Urteil des LAG München zur Unzulässigkeit der Zillmerung in der bAV vom März 2007 erstritten.

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Erschienen in: Dpn, 09.11.2009
Von: DPN Editor