Maxirente für Minijobber

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Die Gruppe der Minijobber nimmt zahlenmäßig zu und scheut sehr oft Gedanken an die eigene Altersvorsorge. Zu gering scheint das finanzielle Budget. Ein bAV-Abschluss kann sich für diese Zielgruppe lohnen – und auch für den Arbeitgeber. Interessenkongruenz statt Interessenkonflikte.

Der wirtschaftliche Wandel lässt sich nicht bremsen und hat weiter an Dynamik zugenommen. Die Auswirkungen auf die

Uwe Saßmannshausen - Geschäftsführender Gesellschafter - PS-Pension Solutions GmbH

Uwe Saßmannshausen – Geschäftsführender Gesellschafter – PS-Pension Solutions GmbH

Unternehmenslandschaft sind zum Teil gravierend. Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland wird 2010 weiter deutlich steigen. Die Kurzarbeit floriert. Die Zahl der Minijobber nimmt zu. Die Unsicherheit wächst und die Angst vor Altersarmut erreicht die Mittelschicht. Die Notwendigkeit der Maßnahmen, um die finanzielle Vorsorgesituation von Haushalten in Deutschland zu verbessern, wird allerorts eingesehen. Dabei ist diese Zustandsbeschreibung kein neues Phänomen – aber das Ausmaß der Angst wächst. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten in Deutschland steigt seit Anfang der 90er-Jahre kontinuierlich an. Oftmals wird zu Recht unterstrichen, dass es zu Nachteilen aufgrund der verminderten Einkommen und der geringeren Einbindung in die soziale Sicherungssysteme kommen kann. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Ausgangslage für die Entwicklung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) auf den ersten Blick nicht sehr rosig und vielentsprechend dar. Ein gezielter Blick lohnt jedoch. Insbesondere die Erschließung neuer Zielgruppen könnte ein Aspekt sein, um der bAV weiteren Auftrieb zu geben. Minijobber, Auszubildende und mitarbeitende Ehefrauen für die notwendige eigene finanzielle Altersvorsorge zu motivieren, kann ein Kraftakt sein. Hier sind auch die Berater und Arbeitgeber gefordert zu schauen, ob die Möglichkeiten einer bAV bereits sinnvoll genutzt werden. Der Mittelstand ist das Herzstück jeder Ökonomie. Laut MittelstandsMonitor 2010 der KfW hat die Wirtschaftskrise im vergangenen Jahr die Binnennachfrage ausgerichteten kleinen und mittleren Unternehmen weniger hart als die am Weltmarkt orientierten Großunternehmen getroffen. In Zusammenarbeit mit dem Haufe Verlag hat Standard Life zum erneuten Male eine Studie zum Thema „bAV im Mittelstand“ durchgeführt, bei der die bAV-Entscheider sich zum Status quo der bAV in ihren Unternehmen äußern konnten. Knapp 270 bAV-Entscheider wurden zu Beginn dieses Jahres befragt. Argumente für Minijobber. Die betriebliche Altersvorsorge kommt aktuell nur auf einen Anteil von 5 Prozent am Alterseinkommen. Ein niedriger Wert auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Der Einfluss der bAV wird infolge der demografischen Entwicklung steigen. Diese Erkenntnis den Arbeitnehmern zu vermitteln ist zentraler Auftrag der Berater und Unternehmen. Zielgruppengerichtete Marktstrategien sind hier gefordert und Potenzial vorhanden. Das Augenmerk gilt es auf Teilzeitbeschäftigte und im besonderen Maße auf Minijobber zu lenken. Neben dem Verständnis auf Seiten des Arbeitnehmers ist auch bei den Produktanbietern und den unabhängigen Vermittler und Beratern ein hohes Maß an Kompetenz vonnöten. Knapp sieben Millionen Menschen arbeiten heute in Minijobs – davon etwa die Hälfte in längerfristigen Arbeitsverhältnissen. Tendenz steigend. Das bestätigt die Bayerische Beamten Versicherung (BBV) und rät hier zur Vereinbarung einer betrieblichen Altersversorgung. Ähnlich äußert sich die Zurich Gruppe. Für die Angestellten geht es um ihre Vorsorge und bares Geld ohne einen monetären Mehraufwand. Wie sieht ein mögliches Szenario einer bAV für Minijob-Arbeitsverhältnisse konkret aus? Momentan kann ein Minijobber regelmäßig 400 Euro pro Monat ohne Beschränkung der wöchentlichen Arbeitszeit verdienen. Die pauschale Abgeltung der Beiträge und Abgaben erfolgt durch den Arbeitgeber an die Deutsche Rentenversicherung. Rund 30 Prozent schlagen dabei kumuliert auf Seiten des Arbeitgebers zu Buche. Übersteigt das Einkommen die 400-Euro-Hürde, wird von sogenannten „Midijobs“ gesprochen. Die unmittelbaren Konsequenzen sind in der Regel sowohl seitens des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers wenig erfreulich und erwünscht. Der Arbeitgeber hat den vollen Sozialversicherungsbeitrag zu zahlen und der Angestellte wird sukzessiv an den Sozialabgaben beteiligt. Nun kommt die Option einer Vereinbarung einer betrieblichen Altersversorgung ins Spiel. Die gemeinsame Diskussion am runden Tisch lohnt sich für alle Beteiligten. Win-win-Spiel. Ziel beider Seiten ist es, den Einsatz geringfügig Beschäftigter zu optimieren, ohne des Minijob-Status zu gefährden oder gar aufzugeben. Der Arbeitnehmer vereinbart mit dem Arbeitgeber Mehrarbeit und das daraus resultierende Entgelt wird dann sofort in eine (steuer- und sozialabgabenfreie) bAV umgewandelt. Folglich bleibt dadurch der Minijob-Status erhalten und keine Einkommenseinbußen entstehen, erklärt Joachim Willmaser, Leiter Fach- und Vertriebsunterstützung der Zurich Gruppe. Möglich ist hierbei ein Hinzuverdienst von bis zu 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze. Momentan sind des 220 Euro, die für den Aufbau einer Betriebsrente eingesetzt werden können. Das ist jedoch nur die eine Seite der Medaille, zumal auch für den Arbeitgeber diese Regelung positiv wirkt. Vielmehr entspricht ein solches Modell auch den betriebswirtschaftlichen Überlegungen und Zielen des Unternehmens. Die Arbeitszeiten von Minijobbern erhöhen sich und der durchschnittliche Stundenlohn wird gleichzeitig gesenkt. Das Statistische Bundesamt legte kürzlich dar, dass Unternehmen im vergangenen Jahr für eine Arbeitsstunde so viel bezahlen mussten wie noch nie – die bAV als Stellschraube zur Lohnkostensenkung. Das Szenario klingt verlockend. Arbeitnehmer, insbesondere Geringverdiener, und Arbeitgeber im Glück. Uwe Saßmannshausen, Geschäftsführer der PS-Pension Solutions GmbH, gibt zu bedenken, dass diese Regelung vereinzelt auch zum Missbrauch verleiten könne. Für Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der in Heidelberg beheimaten Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba), ist das grundsätzliche Nachdenken über die eigene Altersvorsorge entscheidend. „Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen können sich ändern, sie sollten daher nicht überbewertet werden“, so Stiefermann. Generell, so scheint es, ergibt es durchaus Sinn, die betriebliche Altersversorgung zielgruppenspezifisch zu gestalten und die notwendigen Kommunikationswege zur Verfügung zu stellen. Einer jüngsten Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) zufolge können Unternehmen, die gezielt das Internet einsetzen, um ihre Arbeitnehmer über die betriebliche Versorgung zu informieren, durchschnittlich zusätzliche 13 Prozent der Beschäftigten für ihr Angebot animieren. Oftmals scheiterte das Thema betriebliche Altersversorgung in der Vergangenheit schlicht und einfach an der Komplexität des Systems (Stichwort: fünf Durchführungswege) beziehungsweise Implementierung im Betrieb – ein oftmals aufkommender Vorwurf gegenüber der bAV. Die plastische Darstellung eines Rechenbeispiels (Minijob mit und ohne bAV) hilft. Dr. Peter Doetsch, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Mercer und Experte in Sachen betriebliche Altersvorsorge, sieht die fehlende Transparenz im deutschen Ansatz. Trotzdem verteidigt er grundlegend das existierende Modell. In den USA hätten die Arbeitnehmer zwar selbst die Wahl aus über 100 Fonds. Aber durchschnittlich würden die Personen keine besseren Entscheidungen treffen als die Arbeitgeber, ganz im Gegenteil. bAV für Azubis ohne Mehraufwand. Auf der Suche nach neuen Zielgruppen und dem besseren Verständnis für eine recht komplexe Materie führt kein Weg an der jüngeren Generation vorbei. Hier sind Berater angehalten, mögliche Optimierungswege im Sinne von Berufsanfängern zu überprüfen. Altersvermögensgesetz (AVmG), Alterseinkünftegesetz (AltEinKG) und Bürgerentlastungsgesetz klingen zwar recht unsexy, besitzen aber für jüngere Menschen besondere Bedeutung. Auch wenn das Rentenalter noch in ferner Zukunft liegt – und die Suche nach einem passenden Ausbildungsplatz zunächst brennender ist – sollte jeder vorausschauend handeln. Das sieht auch Constanze Hintze von der Svea Kuschel + Kolleginnen Finanzdienstleistungen für Frauen GmbH in München: „Der Anreiz besteht für diese Menschen darin, `vom Arbeitgeber etwas zu bekommen`. Und natürlich im Effekt, etwas für das Alter vorzusorgen. Leider ist diese Aussicht für viele Menschen soooo weit weg und damit unvorstellbar. Um die Popularität zu steigern, kann die Riester-Rente als Vorbild hergenommen werden.“ Für Pension-Solutions-Geschäftsführer Saßmannshausen haben Berufsanfänger einen klaren Vorteil gegenüber allen anderen Arbeitnehmern: „Durch das junge Alter ergeben sich sehr lange Kapitalisierungszeiten bis zum Rentenbeginn. Deshalb sollte auch jeder Azubi mit seinem Ausbilder über das Thema Betriebsrente sprechen oder von seinem Arbeitgeber auf entsprechende Möglichkeiten hingewiesen werden“. Sollte der Auszubildende nach Abschluss der Ausbildung nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden, bleibt dieser Anspruch erhalten (Portabilität). Folgendes Beispiel: Ein Auszubildender erhält eine Brutto-Ausbildungsvergütung in Höhe von 800 Euro. Davon müssen sowohl er als auch der Ausbildungsvertrieb jeweils etwa 20 Prozent, das sind rund 160 Euro, an die Sozialversicherungen abführen. Hinzu kommt ein geringfügiger Zusatzbeitrag für die Krankenkasse. Verzichtet der Auszubildende jedoch auf die Auszahlung von – beispielsweise – 100 Euro des monatlichen Ausbildungsentgelts, so reduzieren sich die Sozialversicherungsbeiträge entsprechend (und bei höheren Einkünften auch die Steuern). Der Azubi muss dann rund 21 Euro weniger an die Sozialkassen abführen. Unterm Strich verzichtet er damit monatlich aktuell auf 79 Euro netto, wenn er per Entgeltumwandlung 100 Euro fürs Alter zurücklegt. „In der Praxis fehlen zumeist die Motivation und das Geld für den Aufbau einer Altersversorgung schon ab den ersten Jahren des Arbeitslebens“, gibt Dr. Doetsch zu bedenken. Die Zurich Gruppe sieht hier die Absicherung der Berufsunfähigkeit im Fokus, verweist jedoch auf einen anderen interessanten Ansatz. Eltern von Auszubildenden erhalten kein Kindergeld, sofern die Ausbildungsvergütung eine bestimmte Grenze überschreitet. Durch eine entsprechend konstruierte bAV (Vereinbarung einer Entgeltumwandlung) kann zielgerichtet ein erster Altersvorsorgebaustein eingerichtet werden, und zwar, wenn die Eltern ihrem Kind den Aufwand für die Entgeltumwandlung aus dem Kindergeld begleiche, quasi zum Nulltarif. Des Weiteren lohnt sich ein Blick hin zu anderen Zielgruppen, beispielsweise mitarbeitenden Ehefrauen. Sehr häufig in Kanzleien und Arztpraxen anzutreffen. Auch Hintze betont: „In jedem Fall ist es dann möglich, über das Angestelltenverhältnis Minijob der Ehefrau auch eine eigene Altersvorsorge zu ermöglichen“. Natürlich sollte diese Ehegemeinschaft dann auch über einen Ehevertrag hieb- und stichfest geregelt sein, empfiehlt die Finanzexpertin. Nur 9 Prozent der angestellten Frauen haben eine bAV. Dem Vorschlag der Umwandlung von vermögenswirksamen Leistungen in eine betriebliche Altersvorsorge stehen die Beteiligten generell sehr positiv gegenüber. Bündelung der sozialen Nebenleistungen ist für Dr. Doetsch das Stichwort. Für die Unternehmen hätte das den schönen Nebeneffekt einer Reduktion der Administrationslast, die mit der Verteilung vieler kleiner Nebenleistungen einhergeht. Wichtig bei allen Ansätzen erscheint eines: Der rechtliche Rahmen und die Gestaltung müssen zustimmen. Zudem ist eine Tendenz auszumachen, dass Abwicklung und Management der betrieblichen Altersversorgung in vollem Umfang auf den Risikoträger outgesourct werden. Auch ein gezielter Blick in die Unternehmen selbst kann dem Thema betriebliche Altersvorsorge den notwendigen Drive verleihen. Arbeitnehmervertretungen können die bAV aufs Tableau bringen. Eine gewisse Verantwortung zur Motivation der Arbeitnehmer liege auch bei den Betriebsräten, findet Steffen Liebig, bAV-Experte bei Standard Life.

Bedeutung externer Beratungsleistung wächst. Vorsorgeaspekt bleibt die Einflussgröße bei der Einführung einer bAV: – Das Interesse an der Vorsorge der eigenen Mitarbeiter steht unangefochten an erster Stelle bei den Gründen für die Einführung einer betrieblichen Altersvorsorge (79 Prozent). Finanzielle Aspekte wie niedrigere Lohnnebenkosten (69 Prozent) und eine Förderung durch den Staat (66 Prozent) spielen aber, gerade für größere Firmen mit vielen Mitarbeitern, eine wichtigere Rolle als noch im Vorjahr. – Betriebliche Altersvorsorge bleibt Vertrauenssache: Seriöses Auftreten (95 Prozent), kompetente Beratung (92 Prozent) und guter Kundenservice des Anbieters (89 Prozent) sind wichtigste Aspekte bei der Auswahl eines Anbieters. – Sicherheit (91 Prozent), die lebenslange garantierte Rente (89 Prozent) und die Höhe der Rendite (83 Prozent) sind die zentralen Merkmale eines guten bAV-Produkts und wesentlich wichtiger geworden als noch vor einem Jahr. – Das größte Interesse an externer Beratung ist in Betrieben mittlerer Größe zu finden. Unabhängige Finanzberater und Versicherungsmakler bleiben die erste Anlaufstelle für Beratung (57 Prozent). – Kein Krisenerscheinungen: 92 Prozent der Unternehmen mit bAV sagen, dass die Finanzkrise keinen Einfluss auf ihre bestehende betriebliche Altersversorgung habe.

Erschienen in: ProContra, 27.04.2010
Von: Herrn Heftrich